Mit viel Schwung und motiviert sind wir ins Jahr 2020 gestartet.
Vieles war dann aber anders als gedacht und erhofft, nicht nur wegen der Covid-19 Pandemie, die uns natürlich auch beschäftigt hat dieses Jahr.
Im Januar hatten wir für 2020 in Elmshorn einen Antifa-Info-Treff angekündigt, mit der Idee neben dem Antifa-Café im Geschwister-Scholl-Haus in Pinneberg einen zweiten antifaschistischen Anlaufpunkt im Kreis Pinneberg zu organisieren.
Leider hat der Antifa-Info-Treff-Elmshorn nur einmal im Februar stattfinden können, weitere Veranstaltungen waren leider auf Grund der Pandemie nicht möglich.
Während der Veranstaltung ging es um die regionale extrem rechte Szene in Schleswig-Holstein und im speziellen im Kreis Pinneberg.
Wie richtig wir Inhaltlich mit der Analyse an dem Abend lagen, zeigten im weiteren Verlauf des Jahres nicht nur die Gründung des AfD-Ortsverband-Elmshorn, sondern auch die Zunahme der Aktivitäten der NPD in Schleswig-Holstein.
Uns kommt es mittlerweile Jahre her vor….2019 hatte sich, um eine Gruppe Jugendlicher, ein selbstorganisiertes Antifa-Café im Geschwister-Scholl-Haus in Pinneberg gegründet.
Diese Café-Gruppe wurde massiv von der Bürgermeisterin von Pinneberg, Urte Steinberg unter Druck gesetzt, den Namen Antifa aus ihren Namen zu streichen, ansonsten drohte sie mit einem Verbot.
Die damalige Leitung des Geschwister-Scholl-Haus verweigerte den Jugendlichen ihre nötige Unterstützung. Auf diese Anti-Antifa-Arbeit der Bürgermeisterin sind die Parteien CDU und FDP sowie Die Bürgernahen aufgesprungen. Dieses führte am 10. März zum Ende der offenen Kinder-und Jugendarbeit in Pinneberg. Das Antifa-Café wurde aus dem Geschwister-Scholl-Haus vertrieben.
Unter anderem am 10.März kurz vor dem sogenannten „Lockdown“ wegen der Covid19 Pandemie, fand noch eine Kundgebung für eine offene Kinder-und Jugendarbeit in Pinneberg statt.
Betroffen auch von dem Verbot ist die kreisweite Fridays for Future Gruppe. Diese organisierte am 12. März noch einen Trauermarsch für die „Demokratie“.
Im Januar 2020 konnte im Antifa-Café noch eine Veranstaltung mit İbrahim Arslan und Gürsel Yıldırım stattfinden. Auf dieser Veranstaltung stand die Perspektive der Betroffenen von rechter und rassistischer Gewalt im Mittelpunkt.
Am 20. März einem Tag nach dem rassistischen Terroranschlag in Hanau bei dem Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin aus rassistischem Motiv ermordet wurden hat das Antifa-Café mit den folgenden Worten zu sich eingeladen „Anlässlich des extrem rechten Terrors in Hanau findet das Antifa-Café heute, am 20.02.2020 doch statt, um einen Ort für Austausch, Wut und Trauer, aber auch Solidarität mit den Betroffenen zu bieten.“
Als letzte Veranstaltung gilt, bevor das Antifa-Café aus dem nach den antifaschistischen Geschwistern Hans und Sophie Scholl benannten Jugendhaus, war eine Zeitzeugen Veranstaltung mit Marianne Wilke, die den NS überlebte.
Im Sommer gab es auf der Wiese hinter der Drostei in Pinneberg noch einmal eine Veranstaltung vom Antifa-Café mit Abstand und Maske. Für uns bleibt festzuhalten, dass es für Antifaschist*innen wenig Rückhalt in Pinneberg gibt und sich weite Teile der Gesellschaft gegen Antifaschist*innen positionieren und weniger ein Problem mit Faschismus, Rassismus Antisemitismus, Klassismus und Sexismus haben als mit denen die darauf hinweisen und es ändern wollen. Weiter stehen wir dem Antifa-Café jetzt im Exil weiter bei. Vielleicht hätten wir die Jugendlichen an der ein oder anderen Stelle anders und vielleicht auch mehr unterstützen müssen.
Auch wir sind im Februar auf die Straße gegen das Bündnis von CDU, FDP und AfD in Thüringen gegangen. Am 5. Februar hatte sich Thomas Karl Leonard Kemmerich (FDP) mit den Stimmen der CDU und der faschistischen AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen. In Elmshorn versammelten sich rund 200 Menschen bei einer Kundgebung und in Pinneberg beteiligten sich etwa 100 Menschen an einer Demonstration. (Elmshorn/Pinneberg)
Am 29. Februar 2020 zogen wir mit rund 300 Menschen unter dem Motto „Nationalismus ist keine Alternative – Für eine solidarische Gesellschaft – Keinen Meter der AfD in Elmshorn & überall“ durch Elmshorn. Durch den antifaschistischen Druck auf den Faschisten Maximilian Holstein wurde ihm beim EMTV (ausgeschrieben?) das Arbeitsverhältnis gekündigt, was wir als Erfolg sehen, so heißt es doch – Nazi sein heißt Probleme kriegen! (Aufruf/Bericht)
Im März haben wir eine Soli-Party veranstaltet, gerade noch rechtzeitig bevor alles wegen der Corona-Pandemie runtergefahren wurde. Denn leider brauchen auch wir immer wieder Geld z.B. bei Repression oder um eigene Flyer und Aufkleber zu drucken.
Im April und Mai beteiligten wir uns in Elmshorn an einem sog. „Spendenzaun“ /„Gabenzaun“ nach dem Prinzip, nimm, was du brauchst, gib was du kannst.Auch das Antifa-Café hat in Pinneberg-Thesdorf am Bahnhof nach der gleichen Methode so einen „Spendenzau“ organisiert. Sogar Freund*innen aus Griechenland haben die Aktion aufgegriffen und bei sich vor Ort verwirklicht.
Zum Tag der Befreiung beteiligten wir uns im Kreis Pinneberg und in Hamburg an Aktionen rund um den 8.Mai. Anlässlich des 8.Mai haben wir mehrere Plakate und Banner im Kreis Pinneberg verteilt die zum Gedenken und Erinnern aufrufen und das gestern und heute verbinden. (8.Mai – Erinnern heißt Kämpfen)
Im Mai sind wir auch wieder auf die uns schon bekannte Sonnen-Apotheke in Uetersen aufmerksam geworden, die Apotheke verbreitete wiederholt faschistische Propaganda. Mittlerweile hat auch die regionale Presse und Fachpresse über die Apotheke berichtet. (Unser erste Bericht,Update, Presse: apotheke-adhoc.de, taz, Uetersener-Nachrichten)
Zum 7. Todestag des Antifaschisten Clément Méric aus Paris haben wir in Pinneberg zwei Graffiti gemalt und uns an dem Aufruf der Genoss*innen in Paris beteiligt die dazu aufgerufen haben, da auch in Paris dieses Jahr aufgrund der Covid-19 Pandemie das Gedenken anders stattfinden musste.
Schon im Mai haben wir mit der Action Antifasciste Paris-Banlieue ein Interview geführt in dem es auch um (rassistische-) Polizeigewalt geht. So fanden wir es passend auch George Floyd mit einem Graffito zu gedenken. (Das Interview
Neben den bekannten extrem rechten Akteur*innen bestehend aus (ehem.) Kameradschaften, AfD, NPD usw. gesellte sich dieses Jahr im Zuge der Pandemie eine neue Sammlungsbewegung, vielleicht im Vergleich am ähnlichsten mit Pegida hinzu. Unter dem Label „Querdenken“ und zahlreicher weiterer Namen, gab es bundesweit zahlreiche Veranstaltungen dieser neuen „Bewegung“, die sich vor allem aus Verschwörungstheoretiker*innen, Egoist*innen, Antisemit*innen, Rassist*innen und Nazis zusammensetzt.
Auch im Kreis Pinneberg tauchten diese Gruppen mit Alukugeln am Rucksack oder Jacke auf. So gab es diverse Treffen in Wedel, Pinneberg, Barmstedt, Tornesch und Elmshorn.
In Berlin und Leipzig gab es Demonstrationen die von mehreren Tausend Verschwörungstheoretiker*innen und Nazis besucht wurden, auch mit der Beteiligung aus dem Kreis Pinneberg.
So tauchten bei zwei unterschiedlichen Demonstration in Berlin uns bekannte Nazis, hier genannt: Patrick Eidenberg, Simon Bork und Alexander Jäger (Rubin Sanitär Pinneberg) auf.
Auch weitere Personen u.a. aus der Reichsbürger-Szene beteiligten sich an den Kundgebungen und Demonstrationen.
Neben den Treffen gab es eine Zunahme an rassistischer, antisemitischer Propaganda durch dieses Spektrum. Vermehrt tauchten Flyer und Aufkleber, aber auch geschmierte Parolen im Kreis Pinneberg auf.
Insbesonders möchten wir hier hervorheben die Orte Wedel, Elmshorn, Schenefeld und Halstenbek. Insgesamt ist unsere Einschätzung, dass faschistische Propaganda 2020 im Kreis Pinneberg zu genommen hat.
Gemalte Hakenkreuze, antisemitische Parolen und NPD-Aufkleber in Elmshorn, Aufkleber der „Identitären Bewegung“ und vom faschistischen Verein „einprozent“ in Wedel, AfD-Propaganda in Halstenbek, Aufkleber vom „Dritten Weg“ in Pinneberg, Anti-Antifa Parolen in Borstel-Hohenrade und Hakenkreuz-Aufkleber in Uetersen.
Diese Aufzählung ist nicht komplett, gibt aber die jeweilige Häufigkeit in etwa wieder. Bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass es keine Hakenkreuz Schmierereien in Pinneberg gab oder keine „einprozent“-Aufkleber in Elmshorn.
Gegen diese Fülle an menschenverachtender Propaganda sind wir das ganze Jahr unterwegs gewesen, haben immer wieder NPD-Aufkleber abgerissen, Sticker der „Identitären Bewegung“ überklebt, rechte Parolen übermalt, eigene Parolen und Stencil gesprüht, Flyer verteilt, Plakate geklebt und Banner aufgehängt.
Neben Demonstrationen und Kundgebungen sehen wir auch diese Art der Auseinandersetzung als wichtige antifaschistische Arbeit an. Gerade so bekommt man gut mit was bei einem im Kreis, Stadt, Viertel passiert und wir bleiben im Stadtbild im Gespräch.
Weiterhin beteiligten wir uns an mehreren Protesten gegen „Querdenken“ und Verschwörungstheoretiker*innen u.a. in Hamburg, Itzehoe, so wie an Gedenkkundgebungen oder Demos z.B. gegen Polizeigewalt, Repressionen und zur Evakuierung Morias (Leave no one behind / Refugees Welcome). Auch an den Gegenprotesten gegen die AfD in Henstedt-Ulzburg waren wir beteiligt.
Im Oktober hat sich im Kreis Pinneberg, neben dem Antifa-Café, eine weitere Antifa-Jugendgruppe gebildet. Die Antifaschistische Jugend Kreis Pinneberg [AJKP]. Dies erfreut uns sehr und wir wünschen der Bande auf diesem Weg alles Gute und passt aufeinander auf!
Beim Protest gegen eine Veranstaltung der faschistischen AfD mit Meuthen am 17.10.2020 in Henstedt-Ulzburg ist ein Sympathisant der Partei gezielt auf dem Gehweg in Antifaschist*innen gefahren und hat mehrere von ihnen verletzt. (Bericht)
Seit Anfang an stehen wir mit den Betroffenen in Kontakt und werten diesen Angriff als Tötungsversuch!
Gleich am Tag nach dem Anschlag gab es in Henstedt-Ulzburg eine kraftvolle Demo gegen rechte Gewalt und Naziterror an der auch wir uns beteiligten.
Für das restliche Jahr nahm dieser rechte Angriff sehr viel Raum in unserer Arbeit ein und wird es auch weiterhin tun!
Wir haben eine Kampagne gestartet mit dem Titel:
Henstedt-Ulzburg – Das war kein Unfall!
Zu der es u.a. Plakate und Aufkleber gibt. Die Polizei stellte den gezielten Angriff zunächst nur als einen Verkehrsunfall dar, erst nach antifaschistischen Protest und nachdem eine betroffene Person bei Andreas Speit in der Taz den Angriff darstellen konnte, wich die Polizei langsam von ihrer verharmlosenden Darstellung ab. (Der Bericht in der Taz)
Weiterhin wurde durch Antifa-Recherche gut dargestellt, dass sich der Täter Melvin Schwede schon länger in einem faschistischen Umfeld aus „Identitäre Bewegung“ „einprozent“ und AfD sowie deren Jugendorganisation die „Jungen Alternative“ bewegt. tatorthu.noblogs.org
Der Täter unterhält auch bei Instagram nachweisbaren Kontakt zum AfD Kader Julian Flak aus Kaltenkirchen.
Flak verteilte eine Woche nach dem Anschlag in Henstedt-Ulzburg Flyer in denen die Opfer verhöhnt wurden.
Am 19. Dezember 2020 beteiligten wir uns an der Kundgebung in Pinneberg: Mehr als 40 Jahre – Kontinuitäten rechten Terrors in Deutschland!
Die Kundgebung fand zum Gedenken an Shlomo Lewin und Frida Poeschke, an Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin und alle anderen Betroffenen rechter Gewalt statt.(Bericht)
Auch dort haben wir nochmal auf den vorsätzlichen Angriff durch einen AfD-Sympathisanten in Henstedt-Ulzburg aufmerksam gemacht.
Wir werden auch 2021 wieder auf der Straße sein! Weiter parteiisch und solidarisch an der Seite von Betroffenen von rechter Gewalt stehen, uns gegen Rassismus und Antisemitismus gerademachen, gegen den Bundestagswahlkampf der AfD vorgehen und uns für eine solidarische Gesellschaft einsetzen!
Auf, auf in ein kämpferisches 2021 –
Siamo tutti Antifascisti! Tod dem Faschismus!