Kundgebung, Freitag, 21.12.2018 um 18.00 Uhr, Ramazan-Avcı-Platz (S-Bahnhof Landwehr)
Am 21.12.1985 wurde Ramazan Avcı zusammen mit seinem Bruder und einem Freund am Bahnhof Landwehr aus einer bekannten Skinheadkneipe heraus angegriffen. Sein Bruder und der Freund konnten in letzter Sekunde in einen Linienbus fliehen, der ebenfalls von den Nazis angegriffen wurde. Ramazan Avcı rannte auf die Fahrbahn und wurde von einem Auto erfasst und meterweit durch die Luft geschleudert. Nach dem er auf der Straße aufschlug, liefen mindestens drei Skins auf ihn zu. Ramazan Avcı wurde auf dem Boden liegend mit Baseballschlägern, Axtknüppeln und Fußtritten brutal malträtiert und verstarb am 24.12.1985 an den Folgen dieser Schläge im Krankenhaus. Wenige Tage später wurde sein Sohn geboren, der nach ihm benannt wurde.
Es gibt eine lange Tradition bei rassistischen Morden in Hamburg. In der Nacht vom 21. auf den 22. August 1980 verübten Mitglieder einer terroristischen Neonazigruppe in der Hamburger Halskestraße einen Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim. Ngoc Nguyên und Anh Lân Dô hatten keine Chance und starben an den Brandverletzungen. Am 22. Juni 1982 wurde in Norderstedt der 26-jährige Tevfik Gürel von Neonazis erschlagen. Wenige Zeit zuvor, am 26.5.1982, verbrannte sich die Lyrikerin Semra Ertan aus Prostest gegen die rassistischen Zustände in Mitten von St.Pauli. Adrian Maleika wurde von nazistischen HSV Fans angegriffen und verstarb am 17.10.1982 im Krankenhaus. Bereits wenige Monate vor Ramazan Avcıs Ermordung, wurde am 24.7.1985 in Hamburg Mehmet Kaymakcı von Rechtsradikalen angegriffen und ermordet. Sie zertrümmerten mit einer Betonplatte seinen Schädel. Nichts
erinnert an diese Verbrechen in dieser Stadt. Obwohl die Mörder von Ramazan Avcı aus dem Umfeld der neonazistischen FAP stammten und genug Hinweise auf einen rassistischen Mord auf dem Tisch lagen,
wurde offiziell kein politisches Motiv gesehen. Die Verbindungen der Täter zu „Aktionsfront Nationale Sozialisten“ erreichten nicht den Gerichtssaal.
Nach über 5 Jahren Strafprozess in München sind in Sachen NationalSozialistischer Untergrund milde Urteile gegen die fünf Angeklagten gesprochen worden. Durch das Urteil soll für die Deutung der Geschichte festgehalten
werden, was die Bundesanwaltschaft durch die Anklage vorgab: Der NSU- ein allein existierendes Kerntrio. Alle sonstigen Helfer*innen der NSU Morde und des Netzwerks können sich beruhigt zurücklehnen. Das Gericht hat sich der Tradition in solchen Mordprozessen folgend geweigert, der Forderung der Familien nach Aufklärung und Ermittlung der Helfershelfer nachzugehen. Das Münchener Oberlandesgericht hat für die Naziszene zwei Helden geschaffen, die bis auf die Hauptangeklagte bereits unter Auflagen freikommen sind. Das Urteil stärkt die
rechte Szene, gibt ihnen Auftrieb, und ermutigt sie zum Weitermachen.
Die Ermittlungen im Mordfall Oury Jalloh werden weiter von den Ermittlungsbehörden sabotiert. Es ist kein Verlass auf unabhängige Ermittlungen möglich. Das zeigt auch das Verbrennen von Amad A. in der JVA Kleve. Wie bei
Oury Jalloh werden Fakten ignoriert und die Täter geschützt. Die Seenotretter am Mittelmeer werden kriminalisiert und europaweit erodieren Grund-und Menschenrechte in einer atemberaubenden Geschwindigkeit. Wir erleben
weltweit einen beängstigenden Rechtsruck und Erosion der Menschenrechte. Eine rassistische, homophobe, sexistische, antisemitische und rechtsextreme Partei sitzt als drittstärkste Kraft erstmals im Bundestag. Ausgestattet mit Millionen Euros treiben sie ihr Projekt eines autoritären und völkischen Gesellschaftsumbaus aus der Mitte heraus voran.
Wir wollen an diesem Tag Ramazan Avcı gedenken und an andere Opfer von rassistischen Übergriffen erinnern. Die Familie Avcı wünscht sich, dass im bei der Kundgebung vornehmlich Familienangehörige von Opfern rassistischer Gewalt zu Wort kommen. Ein Beitrag in Form von Blumen (Rosen) ist erwünscht.
Kundgebung:
Freitag, 21.12.2018 um 18.00 Uhr, Ramazan-Avcı-Platz (S-Bahnhof Landwehr)
Initiative zu Gedenken an Ramazan Avcı