Hallo alle zusammen,
wir ihr alle wisst, denn sonst wäret ihr nicht da, sind wir hier um Neonazistrukturen, im besonderen der NPD und ihren Fußtruppen, unsere abgrundtiefe Verachtung zu demonstrieren. Es war wirklich an der Zeit einen nicht unwichtigen Teil dieser örtlichen Struktur, nämlich die Treffen in der Lokalität Rondo öffentlich zu machen und dadurch zu sabotieren. Nachdem vor einem Monat der Ganze Spuk durch eine spontane Aktion einiger AntifaschistInnen aufflog, wurde nun eine Demo angemeldet um dem Ganzen etwas Nachdruck zu verleihen, denn heute hätte sich die NPD turnusgemäß wieder zu ihrem sogenannten Klönschnack getroffen.
Es gibt aber auch einen zweiten Grund warum wir ausgerechnet auf einem Donnerstag hier sind. (Danke hier schon mal an alle Auswärtigen)
Morgen tagen nämlich die Wahlausschüsse zu den Kommunalwahlen Ende Mai in Schleswig-Holstein, bei denen die NPD mit für ihre Verhältnisse vielen Kandidaten antreten will. Bis jetzt zeichnen sich als Schwerpunkte scheinbar der Kreis Pinneberg sowie Neumünster ab, wo es für alle Wahlkreise Vorschläge gibt. Das sind allein für diesen Kreis und die Stadt Uetersen knappe 50. Es bleibt abzuwarten ob Ingo Stawitz und Gefolgschaft dem Größenwahn erlegen sind oder wie auf der Homepage der Partei geschrieben, wirklich über 50% der Wahlvorschläge nicht der Partei angehören. Denn anders ist die Zahl kaum vorstellbar bei der dünnen Personaldecke der Partei. Das Treffen, auf dem die potenziellen Kandidaten bestimmt wurden, fand Anfang März, nebenbei bemerkt, ebenfalls im Rondo statt.
Es wird jedenfalls deutlich welch hohen Stellenwert die Kommunalwahlen, nicht zuletzt nach dem Wegfall der 5% Hürde, für die NPD haben. Besonders der Landesverband SH befindet sich in einer noch schwereren Krise als die Partei auf Bundesebene ohnehin und braucht dringend ein Erfolgserlebnis. Allen voran der neue alte Landesvorsitzende Stawitz und der Bezirksverband Westküste, welcher eine wichtige Rolle innerhalb des Parteigefüges spielt, verbinden mit den Wahlen große Hoffnungen.
Im folgenden möchte ich auf die Gründe hierfür näher eingehen:
Kommunalpolitik als Handlungsgrundlage
Die parlamentarische Arbeit auf kommunaler Ebene wird von der NPD als
Grundvoraussetzung für politische Handlungsfähigkeit und überregionale Erfolge
betrachtet. Der ehemalige Bundesgeschäftsführer und Pressesprecher der Partei, Klaus Beier,
formulierte es so: „Kommunalpolitik ist für uns ein sehr wertvolles Feld. Sachsen hat ja
bewiesen, dass es sinnvoll ist, erst in den Kommunen verankert zu sein. Über die
Kommunen kommt man dann auch in […] die Landtage und über die Landtage in den
Bundestag. Von oben nach unten wird das natürlich sehr schwierig oder ist fast
aussichtslos. […] Landesverbände werden nur dann Erfolg haben, wenn sie […] kommunal
stark verankert sind. […] Die NPD will den parlamentarischen Weg weiter forcieren, aber
wirklich mit Schwerpunkt Kommunalwahl momentan.“2
Für die Schulung der kommunalen Mandatsträger/innen, ihren Austausch untereinander sowie die Koordination ihrer Aktivitäten soll seit 2003 gezielt die „Kommunalpolitische Vereinigung der NPD“ (KPV) sorgen. Denn man hat erkannt, dass durch kommunale Verankerung auch die Wahlergebnisse bei den anderen Wahlen besser ausfallen, was für die Finanzierung der klammen Partei von entscheidender Bedeutung für die Zukunft sein dürfte.
Zielsetzungen der NPD in kommunalen Gremien
In einem so genannten Vier-Säulen-Konzept hat die NPD die strategischen
Grundpfeiler ihrer politischen Praxis definiert: den »Kampf um die Parlamente«, den
»Kampf um die Straße«, den »Kampf um die Köpfe« und den »Kampf um den organisierten Willen«. Ursprünglich als »Drei-Säulen-Konzept« entstanden und mit der Übernahme des Bundesvorsitzes durch Udo Voigt eingeführt, kam im Jahr 2004 die Säule »Kampf um den organisierten Willen« hinzu. Sie bezeichnet die Bestrebungen der NPD, Einigkeit ins neonazistische Lager zu bringen.
Mit dem »Kampf um die Straße« zielt die NPD darauf ab, durch viele polarisierende und
Aufsehen erregende Demonstrationen, Kundgebungen usw. auf den Straßen und in der medialen Berichterstattung präsent zu sein. Diese Strategie lehnt sich an die historischen Vorbilder der NPD aus der NSDAP an und findet sein taktisches und aktionistisches Pendant in der SA (Sturmabteilung).
Im Bezug auf kommunale Politik sind vor allem der »Kampf um die Parlamente« und der
»Kampf um die Köpfe« interessant. Seit dem Jahr 2004 bezeichnet die NPD den »Kampf um die Parlamente« als wichtigste Ausrichtung ihrer politischen Arbeit.
Doppelstrategie
In der Agitation und Selbstdarstellung der NPD wird eine
Doppelstrategie deutlich: Einerseits setzen die Neonazis auf ideologisch motivierte
Provokationen und Skandalinszenierungen mit eindeutig nationalistischem, antisemitischem, rassistischem und revisionistischem Inhalt; sie sollen öffentliche Aufmerksamkeit erzeugen und die eigene rechtsextreme Klientel bedienen. So wird immer wieder die Bombardierung deutscher Städte während des 2.Weltkrieges als Bombenholocaust bezeichnet oder es wurde beispielsweise in Berlin gefordert einen Platz nach dem Mörder von Rosa Luxemburg zu benennen.
Andererseits starten Mandatsträger/innen nicht-ideologische Initiativen, mit denen sie sich in rechtspopulistischer Manier als „Anwält/innen der kleinen Leute“ inszenieren und im Sinne einer Strategie der allmählichen Normalisierung die gesellschaftlich weit verbreitete Ablehnung der Partei unterlaufen wollen. Diese kommunalpolitisch ausgerichteten Anträge
von neonazistischer Seite behandeln oft sozialpolitische Themen, die kommunale
Infrastruktur sowie Beanstandungen im Bereich öffentliche Sicherheit, Sauberkeit und
Ordnung. Gelegentlich werden auch umwelt- und gesundheitspolitische Bezüge sichtbar.
Zudem bringen Mandatsträger/innen auch Anträge ein, die auf den ersten
Blick ausschließlich an Sachfragen orientiert erscheinen, neonazistische Ideologie jedoch
unterschwellig enthalten. Auch hierbei handelt es sich um einen Aspekt von
Normalisierungsbemühungen. So werden komplexe Themen, beispielsweise aus dem
Bereich der Sozialpolitik, nationalistisch und rassistisch aufgeladen, indem etwa gegen soziale Leistungen für Menschen mit Migrationshintergrund Stimmung gemacht wird.4
Unterlaufen gesellschaftlicher Ächtung
Um der gesellschaftlichen Normalisierung näher zu kommen, versuchen die
NPDler fortdauernd, die Ablehnung durch die anderen Parteien zu unterlaufen. Hierfür
setzen sie neben eigenen fachpolitischen Anträgen immer
wieder darauf, mittels Änderungsanträgen an Initiativen Anderer
anzuknüpfen, sich an Debatten über Initiativen zu beteiligen oder Themen,
welche bereits von Parteien aufgegriffen wurden, wenig später selbst auf
die Tagesordnung zu setzen. Dies ist auch als Reaktion auf den demokratischen Umgang zu
werten: Im Wissen, dass eigene Anträge in den meisten Kommunalparlamenten
durch die anderen Abgeordneten stets abgelehnt werden, erscheint es der
NPD lohnender, auf diesem Weg ihre politischen Ziele einzubringen.
Opferinszenierung
Eine andere Form des Umgangs mit der Ablehnung durch die etablierten Parteien ist die
Selbstinszenierung der Neonazis als Opfer der von ihnen so genannten
„Blockparteien“. Ziel dieser lächerlichen Opferrhetorik ist es, den
Konsens aufzuweichen, den Verordneten die klare Abgrenzung zu erschweren und
ideologisch aufgeladene Themen in die Debatte zu bringen. Darauf verweisend, dass ihre Präsenz im Gremium durch demokratische Wahlen legitimiert sei, diffamieren die NPDler die
Praxis der Parteien als undemokratisch und reklamieren für sich Meinungsfreiheit. Zudem versucht die NPD über die Thematisierung vermeintlich linksextremer Umtriebe immer wieder von rechter Gewalt abzulenken oder diese zu relativieren. So wurde etwa im Berliner Bezirk Lichtenberg anlässlich von Brandanschlägen auf Autos im Raum Berlin durch die NPD ein Antrag für die Unterstützung von Bürgerwehren gestellt.5 Auch die Frage nach finanziellen Zuwendungen für demokratisches und zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechts wird
von NPD-Mandatsträger/innen gerne aufgeworfen. Damit versuchen sie
einerseits, dieses als unnötige Verschwendung von Steuergeldern zu diskreditieren und
anderseits an Informationen über den politischen Gegner zu gelangen. Vielfach wird die
Thematik in laufende Debatten eingebracht und damit versucht, zu spalten und bei vereinzelten reaktionären Verordneten Zustimmung zu erhalten.
Rechte Besucher/innen
Zu den bundesweit feststellbaren Vorgehensweisen in kommunalen Gremien
gehört es zudem, bei öffentlichen Sitzungen Aktivist/innen und Sympathisant/innen in den
Reihen der Gäste zu platzieren, die dann etwa in der „Bürgerfragestunde“
Engagement gegen Rechts skandalisieren oder gezielt ideologisch motivierte
Anfragen unterbringen. Während die NPDler ganz offensichtlich ein
ideologisches und parteipolitisches Interesse verfolgen, erscheinen die Fragestellenden
zunächst als unabhängige und interessierte Bürger/innen. So wird Gelegenheit geschaffen, Themen aufzugreifen und für sich nutzbar zu machen. Sie können sich hierbei als Volksvertreter/innen gerieren und gleichzeitig „beweisen“, wie verbreitet ihre Ansichten angeblich in der Bevölkerung sind.
Neonazistische Besucher/innen bei Sitzungen kommunaler Gremien fungieren des Weiteren
als applaudierendes Publikum für die Selbstinszenierung der NPD-Mandatsträger/innen. Sie
sorgen bisweilen außerdem für ein unterschwelliges Unsicherheitsgefühl bei den Anderen.
Die Analyse der Arbeit in kommunalen Gremien und Landtagen bundesweit
ergibt, dass die NPD die kommunalen Gremien und Landesparlamente als
Bühnen der Agitation, als Lehrwerkstätten und Experimentierfelder, als
Informationsquellen sowie zur finanziellen bzw. infrastrukturellen Alimentierung
neonazistischer Akteure und Strukturen nutzt. Dabei begeben sich die Neonazis
nicht ins „Hamsterrad“3 der Ausschussarbeit sondern konzentrieren sich mehrheitlich auf
die öffentlichen Sitzungen. Kleinteilige und mühsame
Aushandlungsprozesse zu kommunalpolitischen Sachfragen werden von den
ihnen zugunsten der öffentlichen Selbstinszenierung meist vernachlässigt.
Der damalige Fraktionsvorsitzende und heutige Bundesvorsitzender, Holger Apfel, beschrieb die grundlegenden Ziele der NPD wie folgt:
„Wir, der Nationale Widerstand, sind die einzige wirkliche Weltanschauungsbewegung in
der bundesdeutschen Parteienlandschaft, mit der NPD als die organisierte Partei, die das
politische System in der BRD bis auf die Wurzel bekämpft, auf die Wurzel ablehnt. […]
Jawohl, wir sind verfassungsfeindlich.“1
Die NPD macht aus ihrer Ablehnung des Parlamentarismus sowie allgemeiner Rechte und gesellschaftlicher Teilhabe für alle Menschen keinen Hehl. Dennoch nutzt sie das parlamentarische System für ihre Ziele, die im Sinne einer völkisch-nationalistischen Ideologie auf eine Entrechtung eines Teiles der Bevölkerung hinauslaufen. Die Erkenntnis, dass die NPD zwar durch demokratische Wahlen an kommunal- und landespolitische Mandate gelangte, aber dennoch gemessen an ihren eigenen Aussagen nicht als demokratische Partei betrachtet werden kann, ist abgesehen von der Dekonstruktion ihrer Ideologie Teil der Grundlage für die Auseinandersetzung mit ihren Vertreter/innen.
1 Aus einer Rede Holger Apfels in Passau, zitiert nach: Verfassungsschutzbericht des Landes
Baden-Württemberg 1998, S.72.
2
Zitiert nach: Kneschke, Robert/Steffen, Kirstin: Mitarbeit statt Opposition? Die Strategie
der NPD im Landkreis Oder-Spree (Brandenburg), Hausarbeit an der FU Berlin, Berlin 2005,
S. 25.
3 So der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel (zitiert nach: Staud, Toralf:
Moderne Nazis, Bonn 2006, S. 127).
4 Die Treptow-Köpenicker NPD-Fraktion stellte z.B. im Juli 2009 (Drucksache VI/1188) den
Antrag, Schwerbehinderten und Rentner/innen Ermäßigung beim Volkshochschul-Entgelt
zuzugestehen – auf den ersten Blick ein rein sozialpolitisches Anliegen. In der Begründung
des Antrags beklagte sich die NPD jedoch, dass Asylbewerber/innen im Gegensatz zu
Deutschen eine solche Ermäßigung erhalten würden.
5
Vgl. DS/1505 „Brandanschläge verhindern“ vom 26.11.2009.
Fazit
Im kommenden Kommunalwahlkampf werden wir genau dies tun. Wir werden die Auseinandersetzung mit der NPD suchen um zu verhindern, dass hier in einigen Jahren evtl. sächsische Verhältnisse herrschen. Denn der Einfluss kommunaler Politik auf die Gesellschaft sowie die Bedeutung für die Neonaziszene nach innen wird in der Regel unterschätzt. Es spielt eine große Rolle, ob in einem Kreis oder einer Kleinstadt 20 Jahre eine erzkonservative CDU regiert und sich dazu noch 20% NPDler im Kreistag tummeln. Auch die Medien schenken Entwicklungen in dieser Hinsicht
Aufmerksamkeit wird lediglich absolut herausragenden Gewalttaten oder besonderen Wahlergebnissen ab Länderebene aufwärts geschenkt. Daraufhin wird von Seiten der Politik mit Betroffenheit gefolgt von verbalem Aktionismus reagiert. Nach einiger Zeit überlagert das nächste Thema die Berichterstattung in den Medien und somit spielt es auch für den größten Teil der Politiker keine wirkliche Rolle mehr. Nur in Fällen wie dem NSU wird nach Ursachen für einen derartig tief sitzenden Rassismus gesucht, nach dem wieso und warum gefragt.
Der Nährboden für solch Aufsehen erregende Taten, über die dann berichtet wird, entsteht allerdings auf genau der vorhergehend beschrieben Ebene und wird viel weniger von der großen Politik auf Bundesebene beeinflusst, als man uns weiß machen will. Es sind die Stellschrauben vor Ort, die viel verändern und Bedingungen schaffen können, unter denen es Neonazis so schwer wie möglich gemacht wird ihre menschenverachtende Ideologie in die Tat um zu setzen.
Deshalb müssen wir verhindern, dass sich die NPD in den Kommunalparlamenten festsetzen kann und somit auf längere Sicht an gesellschaftlichem Einfluss gewinnt. Dies erfordert von uns allen viel Engagement und Energie aber die Geschichte hat mehrfach bewiesen, dass wir uns nicht auf den Staat und seine Institutionen oder wen auch immer verlassen dürfen, wenn es darum geht Neonazis effektiv zu bekämpfen. Das müssen wir alles selber machen.
Schwur von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“