Woche der Solidarität mit den Betroffenen des rechten Tötungsversuch in Henstedt-Ulzburg

Vom 11.10. bis 17.10.2021 haben wir zu einer Woche der Solidarität mit den Betroffenen des rechten und rassistischen Tötungsversuch in Henstedt-Ulzburg aufgerufen. Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen bedanken die sich daran beteiligt haben. Im Rahmen dieser Woche fand auch eine Info-Veranstaltung zum Thema im Antifa-Café in Kiel statt. Dort berichteten drei Betroffene eindrücklich wie es ihnen heute, ein Jahr nach dem Anschlag geht und was sie sich für Konsequenzen wünschen – u.a. eine konsequente Debatte über den Selbstschutz in Antifa-Gruppen und eine Auseinandersetzung mit rechter Gewalt in der breiten Gesellschaft. Die Tat in Henstedt-Ulzburg, muss als rechte Tat anerkannt werden!

Wir dokumentieren hier ein Statement was von einer Betroffenen Person bei der Veranstaltung im Antifa-Café verlesen wurde:

Trauer zu Wut und Wut zu Widerstand.
Ein Spruch den ich bis zum 17. Oktober 2020 schon oft gehört hatte – Die Bedeutung aber verstand ich erst nach diesem Tag. Allerdings auch nicht direkt, sondern erst ungefähr 10 Monaten später. Die wohl schlimmsten 10 Monate meines Lebens. 10 Monate voller Schmerz, Tränen und Arbeit.
Diese intensive Arbeit fand statt, mit der Unterstützung von dem Projekt Empower – einer Beratungsstelle für Betroffene von antisemitischer, rechter und rassistischer Gewalt -, Therapeut_Innen, Freund_Innen und meiner Familie. Aber vor allem mit meiner Kraft und Zeit.

Als meine Therapeutin mich nach diesen 10 Monaten fragte, woran es liegt, dass es mir besser geht, wusste ich erst selbst nicht was ich antworten sollte. Aber dann wurde mir klar, es war Zeit. Zeit die ich mir genommen habe. Zeit die ich gebraucht habe um wieder auf die Beine zu kommen.

Trauer zu Wut und Wut zu Widerstand – Doch sowohl Trauer, als auch Wut sind Prozesse und für die man Zeit braucht, die laufen nicht von heute auf morgen ab.
Als Aktivist_Innen ist es wichtig handlungsfähig zu bleiben und auch, wenn es mir schwerfiel mir das einzugestehen, so war ich das nach dem Anschlag nicht.
Dieser rechtsextreme Mann, der mich an diesem Tag mit seinem Pick-Up gejagt und umgefahren hat, hat versucht mir so das Leben zu nehmen. Ich erwähne hier bewusst nicht, dass der Grund für diesen Anschlag meine Hautfarbe war, denn meine Hautfarbe ist nicht das Problem. Die Weltanschauung, der Rassismus und der Rechtsextremismus dieses Mannes sind das Problem. In seinen Augen, habe ich es als Schwarze Frau anscheinend nicht verdient zu leben.

Irgendwann sagte jemand zu mir, dass wir Schwarze Körper schützen müssen und meine Frage war „Wie?“ – Wer schützt uns? Die Polizei sicher nicht. Und ich kann nicht einfach mein „Antifa Forever“-Shirt ausziehen, um in der Masse unterzugehen und einen Tag unpolitisch zu sein. Als Schwarze Frau, als Schwarzer Mensch, habe ich dieses Privileg nicht.

Die schwerwiegende Bedeutung von Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus war mir schon vorher klar. Sowohl durch meine eigenen Rassismus Erfahrungen, aber vor allem mit Blick nach Hanau, Halle und Minneapolis, wo George Floyd von Polizisten ermordet wurde.
Es ging und es geht immer noch um Menschenleben und aus diesem Grund habe ich, nach dem ich den Anschlag in Henstedt-Ulzburg überlebt habe, mich auf politischer Ebene noch mehr auf die Auswirkungen von Rassismus und auf Anti-Rassismus konzentriert. Zu den Veränderungen meiner politischen Agenda, kann ich im Moment noch nichts sagen, da ich mich aus den politischen Kreisen zurückgezogen habe, um alles verarbeiten zu können, für mich zu verstehen und vor allem zu lernen wie ich mit Rassismus den ich erlebe und noch erleben werde umgehen kann.

Unter anderem zeigten sich folgende Gruppen mit Bannern und Worten solidarisch: Action Antifasciste Paris-Banlieue, Atlanta Antifascists, Proletarische Jugend Hamburg / Provinz Antifa Bergedorf, Antifa Jugend Kreis Pinneberg.
Bei weitem nicht alle in der Aufzählung, aber allen gilt unser Dank!

Im Kreis Pinneberg wurde der „Sellhorns-Gasthof“ besucht, dieser dient als regelmäßiger Treffpunkt der AfD. Auch dem „Bürgerhaus“ in Henstedt-Ulzburg wurde ein Besuch abgestattet. (Am 31.10.2021 ist dort wieder eine AfD Veranstaltung)

Ein weiterer Dank geht auch an die Initiative Segeberg Bleibt Bunt, die ein starkes Video zum Anschlag veröffentlicht haben.

Bleiben wir weiter solidarisch, immer und mit allen von rechter Gewalt betroffenen Menschen!