Kein Schweigen! Kein Vergessen!
Am 21.12.1985 wurde Ramazan Avcı zusammen mit seinem Bruder und einem Freund am Bahnhof Landwehr aus einer bekannten Skinheadkneipe heraus angegriffen. Sein Bruder und der Freund konnten in einen Linienbus fliehen, der ebenfalls von den Nazis angegriffen wurde. Ramazan Avcı rannte auf die Fahrbahn und wurde von einem Auto erfasst und meterweit durch die Luft geschleudert. Nachdem er auf der Straße aufschlug, liefen mindestens drei Skins auf ihn zu. Ramazan Avcı wurde auf dem Boden liegend mit Baseballschlägern, Axtknüppeln und Fußtritten brutal malträtiert und verstarb am 24.12.1985 an den Folgen dieser Schläge im Krankenhaus. Wenige Tage später wurde sein Sohn geboren, der nach ihm benannt wurde. Obwohl die Mörder von Ramazan Avcı aus dem Umfeld der neonazistischen FAP stammten, wurde offiziell kein politisches Motiv gesehen, Rassismus als Motiv wurde ignoriert. Die Mörder kamen mit milden Strafen davon. Die Angehörigen wurden auf lebenslang traumatisiert.
Es gibt eine lange Tradition bei rassistischen Morden in Hamburg. In der Nacht vom 21. auf den 22. August 1980 verübten Mitglieder einer terroristischen Neonazigruppe in der Hamburger Halskestraße einen Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim. Ngoc Nguyên und Anh Lân Dô hatten keine Chance und starben an den Brandverletzungen. Am 22. Juni 1982 wurde in Norderstedt der 26-jährige Tevfik Gürel von Neonazis erschlagen. Wenige Zeit zuvor, am 26.5.1982, verbrannte sich die Lyrikerin Semra Ertan aus Prostest gegen die rassistischen Zustände in Mitten von St.Pauli. Adrian Maleika wurde von nazistischen HSV Fans angegriffen und verstarb am 17.10.1982 im Krankenhaus. Wenige Monate vor Ramazan Avcıs Ermordung, wurde in Hamburg Mehmet Kaymakcı von Rechtsradikalen ermordet. Bisher erinnert nichts an diese Verbrechen in dieser Stadt.
Wir wollen am 21. Dezember 2019 Ramazan Avcı gedenken und an andere Opfer von rassistischen Übergriffen erinnern. In diesem Jahr werden wir auch an Mehmet Kaymakcı erinnern. Mehmet Kaymakcı wurde am 24.7.1985 von drei Neonazis auf offener Straße überfallen und bis zur Bewusstlosigkeit zusammengetreten. Anschließend zerrten sie ihn hinter ein Gebüsch im Kiwittsmoorpark. Dort wurde ihm mit einer zentnerschweren Betonplatte der Schädel zertrümmert. Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord hat Anfang Januar 2019 beschlossen, im kommenden Jahr eine Gedenktafel in der Straße Hohe Liedt (Langenhorn) anzubringen: „Mit der Anbringung einer Gedenktafel am Ort der Tat soll die Erinnerung wachgehalten werden“, schreibt die Bezirksversammlung in ihrem Beschluss. Wir begrüßen diese verantwortungsbewusste Entscheidung.
Die Gedenkveranstaltungen an Ramazan Avcı spiegeln die Selbstorganisierung der Angehörigen, Überlebenden und Betroffenen von rassistischer Gewalt wider. Daran wollen wir anknüpfen. So wie in den letzten Jahren werden auch diesmal die Anliegen und Forderungen, die Stimmen und Worte der Angehörigen im Mittelpunkt stehen. Auch diesmal geht es uns darum, gemeinsam mit Familienangehörigen, Überlebenden und Aktivist*innen aus zahlreichen Initiativen ein starkes Signal an die Gesellschaft zu senden. In diesem Sinne freuen wir uns auf den Beitrag der Angehörigen und Gedenkinitiativen und hoffen auf zahlreiche Beteiligung.
Die Familie Avcı wünscht sich ein Gedenken ohne Protokoll und dass bei der Kundgebung vornehmlich Familienangehörige von Opfern rassistischer Gewalt zu Wort kommen.
Ein Beitrag in Form von Blumen (insbesondere Rosen) ist erwünscht.
Kundgebung
Samstag, 21.12.2019 um 16.00 Uhr, Ramazan-Avcı-Platz
Initiative zu Gedenken an Ramazan Avcı